LFP/LiFePO4 Akku tiefentladen – wie retten und wiederbeleben? Eine Anleitung

LiFePO4 Zellen vor Wohnmobil

Die LiFePO4 Aufbaubatterie ist tiefentladen und der Laderegler erkennt sie nicht mehr, bzw. weigert sich, sie zu laden? Das ist uns beim Kauf des Wohnmobils passiert, weil der Vorbesitzer vergessen hat, den Akku über Winter abzuklemmen. Die Zellspannung war auf unter 1 Volt abgesunken (eigentlich sollten LiFePO4-Zellen nicht unter 2,0 bis 2,5 Volt entladen werden, sonst spricht man von Tiefentladung) und der Laderegler unseres Ective SSI 10 weigerte sich, den Ladevorgang zu starten, denn unter 10,2 Volt Batteriespannung (was 2,55 V durchschnittlicher Zellspannung entspricht) schaltet er in einen Fehlermodus. Wie also kann man einen LiFePO4-Akku, der tiefentladen ist, wiederbeleben? Einziger für mich sinnvoll erscheinender Weg war das Laden der einzelnen Zellen per Labornetzgerät *. Ich wollte auf jeden Fall einen Rettungsversuch starten, bevor ich in den sauren Apfel beißen und einen neuen Aufbauakku kaufen würde.

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Einstellen des Labornetzgeräts zur Rettung des tiefentladenen LiFePO4-Akkus

Bei dieser Methode wird zunächst mit konstantem Strom, später dann mit konstanter Spannung bis zum Abfall des Ladestroms auf (/gegen) null geladen. Um die Strombegrenzung des Labornetzteils einzustellen, werden die Anschlüsse einfach kurzgeschlossen und mit dem entsprechenden Drehregler der gewünschte Maximalstrom in Ampere (A) eingestellt. Dieser Wert sollte nicht zu hoch liegen. Meistens ist hier das Labornetzteil der beschränkende Faktor. Ich wählte sehr vorsichtige 3 A, wodurch der komplette Ladevorgang je Zelle – in unserem Fall 100 Ah – theoretisch etwa 33 Stunden dauern würde. Hiermit wollte ich allerdings eher mein Labornetzteil vor dauerhaftem Betrieb an der Belastungsgrenze schützen, als dass es für den Akku notwendig gewesen wäre. Wenn du also Vertrauen in dein Labornetzteil hast, kannst du den Ladestrom in der Konstantstromphase auf bis zu 0,5 C (halbe Kapazität in A – in unserem Fall wären das 50 A gewesen) erhöhen. Achte bei so hohen Strömen aber unbedingt auf die Sicherheit, vor allem die erforderlichen Leiterquerschnitte und sichere Verbindungen. Einen Anhaltspunkt für den Leiterquerschnitt kann die untenstehende Tabelle geben. Die Länge und damit der Spannungsfall kann in diesem Fall meiner Meinung nach vernachlässigt werden, uns interessiert hier nur die Erwärmung und auf der Basis die Strombelastbarkeit. Auf der folgenden Seite gibt Bosch unter dem Punkt Belastbarkeit Kabel Querschnitt im KFZ Anhaltspunkte, wie dick ein Kabel für einen Strom ausgelegt sein sollte. Bei der Elektro-Installation im Wohnmobil können diese Werte auch zur Ermittlung der nötigen Absicherung herangezogen werden.

Die Strombegrenzung wird eingestellt, indem die Anschlüsse des Labornetzteils kurzgeschlossen werden. Hier ist 1 A Strombegrenzung eingestellt. Die Spannungsbegrenzung (hier 3 V) kann jederzeit ohne dass etwas angeschlossen ist, eingestellt werden.

Die Spannungsbegrenzung des Labornetzteils wird auf die Ladeschlussspannung eingestellt. Ich habe 3,6 V gewählt (beachte: auf den Bildern ist zu sehen, wie ich zunächst eine geringere Schlussspannung eingestellt hatte, um den Prozess testweise zu verkürzen und schneller in die Konstantspannungsladung zu kommen). Die Spannungsbegrenzung wird eingestellt, ohne dass etwas an das Netzteil angeschlossen ist. Denn sobald die tiefentladene LiFePO4-Zelle angeschlossen wird, sinkt die am Netzteil angezeigte Spannung auf die Akkuspannung. Hierfür ist nun der Zeitpunkt gekommen.

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Nun sollte die Spannung des Akkus (und gleichzeitig die am Netzteil angezeigte Spannung) kontinuierlich und langsam (mehrere Stunden) steigen. Je höher euer eingestellter Strom, umso schneller geht das. Ist die Ladeschlussspannung erreicht, die wir zuvor an der Spannungsbegrenzung des Netzteils eingestellt haben, beginnt die Konstantspannungsphase im Ladevorgang der LiFePO4-Zelle. Wie der Name schon sagt, wird die Spannung am Ladegerät begrenzt und dadurch konstant gehalten, während der Ladestrom langsam absinkt. Erreicht der Ladestrom schließlich 0 A, bzw. nähert sich diesem Wert an, ist der Ladevorgang beendet und die nächste Zelle kann auf die gleiche Weise geladen werden.

LiFePO4-Rettung: Finales Top-Balancing

Sind alle vier Zellen geladen, bietet sich noch das Top-Balancing an. Dies dient der „Synchronisierung“ der Zellspannungen, damit der Ladestand gleich ist und sie gleichzeitig voll, bzw. leer sind, wenn sie wieder zu einem Pack verbunden sind. Um das Top-Balancing durchzuführen, werden die einzelnen Zellen einfach parallel geschaltet, also alle Pluspole (mittels Busbar oder Kabel mit ähnlich großem Leiterquerschnitt. Hier können ebenfalls sehr große Ströme fließen, das solltest du nicht unterschätzen!) miteinander verbunden und alle Minuspole miteinander verbunden (Plus an Plus, Minus an Minus). So lässt du die vier Zellen dann einfach mal über Nacht stehen.

Ist das Top-Balancing abgeschlossen, setzen wir unseren Akku wieder zusammen. Wir schalten also die vier Zellen in Reihe (Plus- an Minuspole), sodass wir wieder die von uns benötigte Nennspannung von um die 12 V (bei voller Ladung maximal 14,6 Volt) erreichen. Zu guter Letzt wird dann das BMS wieder angeschlossen.


LiFePO4 tiefentladen: War die Rettung erfolgreich?

Auf diese Weise konnte ich unsere LiFePO4-Aufbaubatterie retten. Sie tut seit über einem Jahr auf unserer Reise, unter anderem durch Portugal, klaglos ihren Dienst. Später habe ich dann noch genauere Messungen vorgenommen, um meinen Eindruck zu bestätigen. Hierzu habe ich den Innenwiderstand * und die Kapazität * der Einzelzellen genau bestimmt. Trotz der Tiefentladung haben die Zellen keinen dauerhaften Schaden genommen. Die Innenwiderstände, sowie die Kapazitäten der vier Zellen sind auf sehr ähnlichem Niveau. Das zeigt sich auch im täglichen Betrieb, denn der (inzwischen ergänzte) aktive Balancer kommt so gut wie nicht zum Einsatz und selbst der ins BMS integrierte passive Balancer hat so gut wie nichts zu tun. Die Zellspannungen sind fast über den gesamten Lade-/Entladezyklus identisch und bewegen sich nur bei großen Lasten und kurz vor Ladeschlussspannung leicht auseinander.

Das Ganze hat natürlich etwas gedauert und wenn man es nicht ohnehin schon hat, muss man – mindestens – in ein Labornetzteil und ein Multimeter * investieren. Für mich hat es sich aber vollkommen gelohnt, denn im ersten Schreck dachte ich, den tiefentladenen LiFePO4-Akku ersetzen zu müssen.

Disclaimer/Haftungsausschluss: Sei dir sicher, was du tust! Strom kann dich (und deine Liebsten) im blödesten Fall töten und großen Schaden anrichten! Alle hier genannten Arbeiten habe ich nach bestem Wissen und Gewissen beschrieben, aber ich übernehme keinerlei Haftung oder Gewährleistung für die Richtigkeit der Angaben oder daraus entstehende Schäden. Es kann sein, dass mal eine Crimpung nicht fachgerecht ausgeführt oder ein Kabel nicht nach VDE verlegt ist. Wenn du dir nicht sicher bist oder Dinge nicht genau verstehst, frag jemanden, der sich auskennt oder beauftrage einen Profi!

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